Film des Monats: August 2010
Wie weit geht eine Mutter, um ihren geistig zurückgebliebenen Sohn aus dem Gefängnis zu holen? Die verwitwete Hye-ja und ihr 27jähriger Sohn Do-jun leben in engster Beziehung, weil sie seit frühester Kindheit um sein Wohlergehen besorgt ist. Nun steht er unter dem Verdacht, eine Schülerin ermordet zu haben. Unterstützung findet sie in ihrem Kampf um die Freiheit ihres Sohnes kaum: der Anwalt tritt arrogant und selbstbezogen auf, der Kommissar wirkt in seiner Dienstroutine abgestumpft und gleichgültig, und Do-juns Kumpel Jin-tae fehlt selbst der nötige Halt, um helfen zu können. Von Do-juns Unschuld überzeugt, stößt Hye-ja auf die sexuellen Verstrickungen des ermordeten Mädchens. Im Gespräch mit ihrem Sohn wird auch ein lang gehütetes Geheimnis der Familiengeschichte gelüftet. Schließlich kommt Hye-ja der Wahrheit auf die Spur und zieht aus dieser Erkenntnis eine schreckliche Konsequenz. Mutter und Sohn bleiben Gefangene in einer Welt aus gegenseitiger Verantwortung, Schuld und emotionaler Abhängigkeit.
Mutterbilder lösen beim Publikum starke eigene Assoziationen aus. Mit der Mutter sind Bilder von Fürsorge und liebevoller Zuwendung verbunden. Dass solche Vorstellungen auch ihre Schattenseiten besitzen, wird in dem koreanischen Spielfilm „Mother“ auf beklemmende Weise spürbar. Das Psychogramm einer Mutter-Sohn-Symbiose legt Tiefenschichten einer Gesellschaft frei, in der emotionale Nähe mit sozialer Rücksichtslosigkeit erkauft wird. Die Dynamik der Gefühle führt in Abgründe, die der Film in einer Mischung von Melodram, Krimi, Horror und Farce offenbart. Dass der Nächste zugleich auch der Fremde sein kann, der bei aller Liebe bedrohlich und vereinnahmend ist: diese Ambivalenz wird im Spiel der beiden Hauptdarsteller subtil erfasst. Die unausgesprochene Schuld ist den Blicken und der Mimik eingeschrieben, mit denen sich Mutter und Sohn begegnen. Die Frage, wie die Verknotung von Liebe, Verantwortung und Schuld gelöst werden kann, bleibt in all ihrer Tragweite offen.
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