Film des Monats: April 2004
Nach langen Jahren in New York trifft Myriam bei einem Treffen von jüdischen Überlebenden der nationalsozialistischen Vernichtungslager in Paris ehemalige Leidensgenossinnen wieder. Mit dem Hauptgewinn bei einer Tombola beginnt für sie eine Reise in die eigene Vergangenheit, eine Reise zu den Orten ihrer Kindheit und Jugend, nach Krakau und Auschwitz-Birkenau.. Schließlich betritt sie den Boden des Vernichtungslagers, in das sie als 14jährige mit ihrem Vater deportiert wurde. Die Baracken und Schienen, Stacheldraht und Appellplatz, aber auch verrostete Notenständer und die Fotos der Ermordeten im Museum rufen die schrecklichen Erfahrungen wach, denen Myriam immer wieder zu entfliehen suchte. Sie begegnet einem jungen Deutschen, der nach den Spuren seines Großvaters - eines ehemaligen Aufsehers in Auschwitz - sucht. Mit ihren unterschiedlichen Perspektiven erkunden sie gemeinsam diesen Ort der Erinnerung, der Friedhof und Museum zugleich ist und an dem die vergangene Hölle in den Tränen und Schmerzen der Überlebenden gegenwärtig ist. Der Enkel des Täters und die Überlebende versuchen, sich über ihre Erinnerungsbemühungen zu verständigen. Wieweit es ihnen gelingt, bleibt offen.
Von einem eindrucksvollen Kampf um die Erinnerung legt dieser Film Zeugnis ab. Für die Regisseurin, selbst eine Überlebende der Shoah, geht es um die verschiedenen Schichten des Erinnerns und des Vergessens, die für das gegenwärtige Verstehen entscheidend sind. Der Film erzählt vom Versuch "normaler" Geselligkeit der Überlebenden, von jüdischen Restaurants ohne Juden in Krakau, vom Vergessenwollen und Nichtvergessenkönnen und von der Konfrontation mit den Überresten eines Ortes, an dem sich ein unvorstellbares Verbrechen ereignet hat. In der subjektiven Perspektive der Überlebenden vermittelt der Film die Qual der Erinnerung, die in keiner Gedenkkultur aufgehoben werden kann. Die offene Frage nach angemessenen Formen des Gedenkens bleibt eine Quelle der Beunruhigung.
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